Von den deutschlandweit etwa 41 Mio. beheizten Wohneinheiten werden rund drei Viertel durch Heizen mit Öl oder Erdgas wärmeversorgt.
Bei der Stromversorgung der Gebäude lag der nicht erneuerbare Anteil 2018 bei rund 60 %. Für die ehrgeizigen Klimaziele ist diese Situation eine besondere Herausforderung, denn eine Umstellung auf überwiegend erneuerbare Energieträger ist kurzfristig meist weder bei der Strom- noch bei der Wärmeversorgung realisierbar.
Heizen mit Öl – Nur ein Drittel der Anlagen auf aktuellem Stand
Nur ca. ein Drittel aller Heizungsanlagen ist derzeit auf dem aktuellen technischen Stand und nur knapp 12 % der Haushalte produzieren selbst Strom. Daher ist der Einsatz moderner Effizienztechniken und die Kombination klassischer und erneuerbarer Energien eine konkrete Option, schnell und nachhaltig den Treibhausgasausstoß für die Strom- und Wärmeversorgung dieser Gebäude zu senken. Solche Hybridheizungen werden mittelfristig sogar zur Pflicht: Laut Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sollen ab 2026 Ölheizungen nur noch eingebaut werden dürfen, wenn sie als Hybridheizungen erneuerbare Energien mit einbinden.
Bereits weit verbreitet ist die Verbindung von Ölheizungen und Solarthermie. Dabei bietet auch die Kombination mit Photovoltaik (PV)-Anlagen vielversprechende Möglichkeiten. Das zeigen Modellvorhaben des Instituts für Wärme und Oeltechnik (IWO). Selbst erzeugter Solarstrom reduziert nicht nur Strombezugskosten und Treibhausgasemissionen: Durch seine Nutzung können vergleichsweise leicht Powerto-Heat-fähige Hybridheizungen geschaffen werden, die ansonsten ins Netz eingespeiste Solarstrommengen zur Wärmeversorgung verwenden.
Heizen mit Öl – Klimaneutrale Perspektive für ölbeheizte Gebäude
Durch Heizungsmodernisierungen, Verbesserungen der Gebäudehülle und die Einbindung erneuerbarer Energien lässt sich der Verbrauch fossiler Ressourcen deutlich verringern. Dabei sollte das Kostenargument im Hinblick auf die Akzeptanz nicht unterschätzt werden. Laut IWO-Untersuchungen ist es bei der Heizungsmodernisierung für Hauseigentümer derzeit in der Regel am günstigsten, auf den bewährten Energieträger zu setzen. Für ölbeheizte Gebäude bietet sich der Einbau hocheffizienter Öl-Brennwertgeräte an. Durch die Entwicklung und den künftigen Einsatz treibhausgasreduzierter Brennstoffe erhalten diese langfristig eine klimaneutrale Perspektive. So zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Technische Gebäudeausrüstung Dresden (ITG), wie die Klimaziele im ölbeheizten Gebäudebestand erreicht werden können. Mehr dazu unter www.zukunftsheizen.de/itg-klimastudie.
Bei der Entwicklung dieser neuen Energieträger ist deren Praxistauglichkeit von großer Bedeutung. In einem Modellvorhaben setzt IWO in verschiedenen Wohngebäuden treibhausgasreduziertes Heizöl ein, wobei das Mischungsverhältnis gegenüber dem Heizöl variiert. Wichtig hinsichtlich neuer Energieträger ist, dass bei der Auswahl der Rohstoffe eine Nutzungskonkurrenz zu Agrarflächen oder Nahrungsmitteln bewusst vermieden wird. Die Anlagen laufen seither ebenso zuverlässig und unauffällig wie zuvor mit dem klassischen Heizöl.
Hohe Energiedichte flüssiger Energieträger
Der Einstieg in die Entwicklung weitgehend treibhausgasneutraler, flüssiger Energieträger – wie Biomass-to-Liquid und Power-to-Liquid bzw. E-Fuels – ist unverzichtbar. Das zeigt beispielsweise die Studie „Status und Perspektiven flüssiger Energieträger in der Energiewende“ der Prognos AG. All diese alternativen Brennstoffe könnten in der bereits heute genutzten Infrastruktur und Technik ohne aufwändige Umrüstungen eingesetzt werden und verfügen über den spezifischen Vorteil flüssiger Energieträger: ihre hohe Energiedichte. Diese ist vielfach höher als in einer LithiumIonen-Batterie. Bis solche alternativen Brennstoffe auf dem Markt zur Verfügung stehen, wird aber noch Zeit vergehen. Zudem sollten neue flüssige Energieträger möglichst sorgsam eingesetzt werden. Um heute bereits mehr für den Klimaschutz zu tun und die Voraussetzungen für einen möglichst sparsamen Einsatz alternativer Brennstoffe zu schaffen, sollten direkt verfügbare erneuerbare Energien eingebunden werden.
Heizen mit Öl – überdurchschnittlich oft in Kombination mit Solarthermie
Energieversorgungslösungen, die wie Öl-Brennwerttechnik speicherbare flüssige Energieträger nutzen, sind hierfür eine sehr gute Basis. Denn erneuerbare Energien sind nicht immer und zu jeder Zeit nutzbar. Heizöl als speicherbarer Energieträger gewährleistet die Versorgungssicherheit und ermöglicht eine vollflexible, systemdienliche Nutzung der erneuerbaren Energien. Gerade Eigentümer von Ölheizungen setzen z. B. überdurchschnittlich oft, beim Heizen mit Öl, zusätzlich auf Solarthermie. Bereits heute gibt es diese Kombination deutschlandweit mehr als 900.000-mal. Doch auch Strom aus der hauseigenen PV-Anlage kann zur Wärmeversorgung beitragen.
Ergebnisse aus IWO-Modellvorhaben
Zur Untersuchung von Öl-PV-Heizungen hat IWO neun Gebäude entsprechend ausgestattet. Die Voraussetzungen bestanden aus dem Vorhandensein einer Ölheizung, einem Wärmespeicher mit Einbaumöglichkeit für einen Elektroheizer sowie einer PV-Anlage. Dazu wurde jeweils ein elektrisches Heizelement in den Wärmespeicher integriert. Die Ergebnisse nach einem Jahr:
- Die zur Wärmeerzeugung genutzte Solarstrommenge lag je nach Objekt zwischen 196 und 2.569 kWh. Dies entspricht einer äquivalenten Heizölmenge von 19 bis 255 l.
- Der Eigenverbrauchsanteil an Solarstrom konnte von durchschnittlich 27 auf 48 % gesteigert werden.
- Durch den Elektroheizer konnte die Netzeinspeisung um durchschnittlich rund 29 % reduziert werden.
- 21 % des PV-Ertrags dienten der Wärmeversorgung.
Die Einbindung von PV-Anlagen in Hybridheizungen ist bereits heute eine sinnvolle Option für Hausbesitzer, die ihren Solarstrom-Eigenverbrauchsanteil erhöhen möchten und weiterhin auf die Vorteile einer speicherbaren Energie setzen wollen. Kommt dabei als Elektroheizer ein vergleichsweise kostengünstiger – aber auch nur begrenzt effizienter – Heizstab zum Einsatz, liegen die Wärmegestehungskosten in Höhe der EEG-Einspeisevergütung, die der Anlagenbetreiber sonst im Fall der Netz-
einspeisung erhalten würde. Daher sind heizstabbasierte Lösungen aus finanzieller Sicht für Hausbesitzer dann interessant, wenn die Einspeisevergütung der eigenen PV-Anlage nach 20 Jahren endet.
CO2-Reduktion von mehr als 50 Prozent
Ist der bisherige Warmwasserspeicher bereits in die Jahre gekommen oder muss ohnehin in eine neue Trinkwassererwärmung investiert werden, ist ein hybrider Wärmespeicher empfehlenswert. Er wird sowohl von einem Brennwertkessel als auch von einer ab Werk oben auf dem Wärmespeicher montierten Warmwasser-Wärmepumpe (WW-WP) beheizt. Diese Variante ermöglicht eine im Vergleich zum Heizstab effizientere und bei Betrieb mit ansonsten ins Netz eingespeistem Solarstrom aus neueren PV-Anlagen schon heute eine ökonomisch attraktive Nutzung. Eine solche Hybridvariante mit solarstrom-überschussbetriebener WW-WP betreibt IWO in einem Zweifamilienhaus. Die Ergebnisse aus dem ersten Betriebsjahr:
- Die PV-Anlage produzierte in diesem Zeitraum 9.706 kWh, davon wurden 32 % im Haus genutzt, allein 866 kWh durch die WW-WP (249 kWh im Winter, 617 kWh im Sommer).
- Da die WW-WP neben dem Solarstrom auch kostenlose Umweltwärme aus der Außenluft ins System einbindet, erzeugt sie mit jeder eingesetzten kWh Solarstrom rund 3 kWh Wärme. Für die Erzeugung der so produzierten Wärmemenge hätte das Ölheizgerät knapp 300 l Heizöl einsetzen müssen.
- Insgesamt konnte in dem Zeitraum der Stromzukauf von 6.119 kWh auf 3.912 kWh verringert werden.
- Es wurden 6.633 kWh Solarstrom-
überschuss ins öffentliche Stromnetz eingespeist, die so die fossile Stromerzeugung reduzierten.
Im Vergleich zum einfachen Betrieb mit einem Brennwertgerät sparte die Ergänzung um PV-Anlage und WW-WP bei der Energieversorgung des Gebäudes in den zwölf gemessenen Monaten 5,4 t bzw. 43 % Treibhausgasemissionen und 1.603 Euro bzw. 43 % bei den laufenden Energiebezugskosten ein. Bei einem älteren, weniger effizienten Heizkessel als Ausgangspunkt wären hier noch höhere Einsparungen möglich. IWO-Berechnungen zeigen, dass eine CO2-Reduktion von mehr als 50 Prozent in diesem Fall durchaus realistisch ist.
Heizen mit Öl – Umsetzung mit marktgängiger Technik
Ein Öl-PV-Hybridsystem lässt sich mit heute bereits bewährter, marktgängiger Technik umsetzen. Die Installation ist ebenso einfach wie bei jeder klassischen Ölheizung mit normalem Warmwasserspeicher, denn die WW-WP ist bereits ab Werk betriebsfertig auf dem neuen Warmwasserspeicher montiert. Für eine solche Kombination haben zahlreiche Heizgerätehersteller Lösungen im Angebot. Weitere Informationen sowie eine Produktübersicht sind unter www.iwo.pageflow.io/ol-pv-hybridsystem
zu finden.
Hybridheizungen, die in der Lage sind, erneuerbaren Strom oder Heizöl als Wärmequelle zu nutzen, können ihre Stromnachfrage optimal und vollflexibel an die jeweiligen Verhältnisse auf der Stromseite anpassen – automatisch und ohne jegliche Komforteinschränkungen bei den Hausbesitzern. Anders als etwa reine Elektroheizungen, z. B. monovalente Strom-Wärmepumpen oder Nachtstromspeicherheizungen, benötigen sie keine zusätzlichen Reservekraftwerkskapazitäten, die mit entsprechendem Kostenaufwand jederzeit bereitgehalten werden müssten. Durch den hybriden Aufbau kann der selbst erzeugte Solarstrom ökonomisch vorteilhaft vorrangig zur Verringerung des Strombezugs eingesetzt werden. Das heißt, nur ansonsten ins Netz eingespeiste Solarstrommengen werden für die Wärmeversorgung herangezogen.
Die in den Wintermonaten nicht zur Wärmeversorgung ausreichende PV-Stromerzeugung kann problemlos überbrückt werden, ohne dass dafür externer Strombezug nötig ist. Beim Energieträger Heizöl entstehen zudem keine zusätzlichen Kosten für eine Netzinfrastruktur. Für die deutschlandweit insgesamt rund
5,6 Mio. ölbeheizten Gebäude, die sich vorwiegend im ländlichen Raum befinden, stehen also bereits heute geeignete Technologien zur Verfügung, die ein vergleichsweise kostengünstig zu erschließendes Potenzial zur Minderung der Treibhausgasemissionen bieten.
Autor: CHRISTIAN HALPER*
Alle Grafiken und Bilder: IWO
Firmenlink: www.iwo.de
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